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(Sören Voima) Theaterprojekt "Orient-Express"-Festival Stuttgarter Staatstheater Regie: Christian Tschirner Dramaturgie: Christian Holtzhauer K r i t i k e n : "Was für ein Auftritt! Vor großer Kulisse – mit Blick auf den Neckarhafen und die Abendsonne, auf Riesenkräne, Industrieanlagen und ferne Weinberge – rollt irgendwo von links der "Orient-Express" vor der Zuschauertribüne ein. Aber wie! Sehr langsam, im Schritt-Tempo. Mit Würde sozusagen. Mit Grandezza. Der Zugführer der Lok lässt's nochmal kräftig pfeifen. Bis der Bühnenwaggon direkt vor dem Publikum zu stehen kommt. Dann öffnet sich die Seitenwand des Wagens wie eine Klappe – und das Theater aus dem Zug heraus kann beginnen." "Das bestens spielgelaunte Ensemble erzählt die durchgedrehte, bisweilen auch wirre und geschwätzige Story als modernes Märchen – rasant, turbulent, mit universell verständlichen Slapstick- und Puppenspiel-Einlagen. Als Requisiten dienen ausschließlich Umzugskartons. Die Geschichte streift exemplarisch die Probleme in Kriegs- oder Krisenregionen und erzählt von Schicksalen im Südosten Europas, von chancenlosen Näherinnen und toughen Kleinfabrikanten, von bösen Vätern und schwachen Söhnen, von vergewaltigten Frauen und cleveren Dealern, von Minenopfern und Kfor-Soldaten, von Glücksrittern und Verlierern. - Otto Paul Burkhardt, Nachtkritik - *** "Quer durch die Balkanländer ging die Zugfahrt des Stuttgarter Staatstheaters, des Türkischen Staatstheaters und anderer europäischer Ensembles. Gemeinsam reisten und spielten sie: Straßentheater: Dass Staatstheater-Schauspieler auf einmal Straßentheater machen, kommt nicht täglich vor. Bei der Premiere von "80 Tage, 80 Nächte" im Stuttgarter Hafen, vor Hebekränen und Lagerhäusern, merkte man noch sehr genau, dass das Stück bislang im Lärm osteuropäischer Bahnhöfe aufgeführt wurde - so körperlich, lautstark, nach außen gerichtet ist die Spielweise." "Das Ganze ist zirkusartig und unterhaltsam aufgezogen, mit viel Musik, Bauchtanz und Typenkarikatur; Jahrmarkttheater zwischen Sozialmärchen, Kabarett und didaktischer Brecht-Attitüde. Zwei Puppenspieler führen den Teddybären und seinen Freund, den kleinen Tiger; und fünf Stuttgarter Schauspieler schmeißen sich mit Begeisterung in alle möglichen Sozialklischees. Man streift den Kosovokrieg und den Drogenschmuggel, das Problem der Scheinehe und das KFOR-Kontingent. 80 Tage, frei nach Jules Verne, hat der Teddy Zeit, jemanden zu finden, der ihn liebt. Dass das dann ausgerechnet die Näherin ist, die ihn in Rumänien zusammennähte und die inzwischen in Zürich als Putzfrau arbeitet, scheint gar nicht so unrealistisch. - Christian Gampert, Deutschlandradio - *** Claudia Renner porträtiert ihre Fremdarbeiterin aus Bangladesh stark - zwischen Voimas klischeehaften Sprüchen flackert der Schmerz über den Verlust der Heimat. Am eiskalten Globalisierungsgewinnler rennt sie sich ebenso den Kopf ein wie an der fremden, westlichen Welt. Mit „80 Tage, 80 Nächte“ ist Regisseur Christian Tschirner und dem Stuttgarter Ensemble ein dynamischer Auftakt zum Festival „Orient Express“ geglückt. Voimas Stück ist rasant getaktet. Seine Faszination bezieht „80 Tage, 80 Nächte“ aus dem Zusammenspiel von Puppen und Menschen. - Elisabeth Maier, Esslinger Zeitung - *** "Die Reise der als Drogenkuriere wie als Kunstwerke missbrauchten Plüschtiere Tiger und Teddy karikiere "den Missbrauch des Ostens durch den Westen und des Ostens durch den noch östlicheren Osten" "Aufgeschnitten, halbiert, repariert, mit kläglich unpassendem Unterteil werden sie zu verfälschten Fälschungen. Ein freches, derbes Spektakel. Bei den Rumänen kam es hervorragend an. Verwandter Humor?" - Ulrike Kahle-Steinweh, Tagesspiegel - *** „eine völlig überdrehte, völlig durchgeknallte Globalisierungsfarce, deren enorme Spielgeschwindigkeit vermutlich schon das Publikum in der Türkei überfordert hat“ „furchtlos auf grelle Übertreibung und schrille Satire setzend“ „wer die überstopfte Handlung halbwegs nachvollziehen kann, mag auch Gefallen finden an dieser turbulenten Inszenierung, die voll auf Speed zu sein scheint." - Roland Müller, Stuttgarter Zeitung - |
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