W I E E S E U C H G E F Ä L L T
(Shakespeare) Staatstheater Stuttgart Regie: Thomas Dannemann Dramaturgie: Jörg Bochow Musik: Philipp Haagen K r i t i k e n : „fulminanter Theaterspaß im Schauspielhaus, als Wunder an Scherz, Satire, Ironie und tieferer emotionaler Bedeutung“ „Freilich hat Dannemann „Wie es euch gefällt“ so inszeniert, wie es manchen missfällt. Nackte Haut, eine rülpsende Großkotz-Parodie oder eine Tomaten- und Orangenmatsch-Schlacht à la Volker Lösch trieben Besucher aus dem Parkett, und nach der vier Stunden langen, aber nie langweiligen Premiere formierte sich eine Buh-Front gegen den Regisseur. Es ist bedauerlich, dass reflexhafte Wahrnehmungsverweigerung den Blick verstellt für großartige Komödiantik, aberwitzig draufgängerisches Schau-Spiel und eine Fülle brillanter Regie-Einfälle. Kurz: für ein Spektakel, wo das Theater nicht wie schlechter Film wirkt, sondern von der Realpräsenz seiner Akteure, ihrer Spontaneität und ihrem leibhaftigen Spielwitz lebt.“ „Shakespeares Verwirrung der Dress- und Geschlechtercodes machen Dannemann und die Kostümbildnerin Regine Standfuss zum Trash- und Travestie-Prinzip: Um- und Ausziehen gehört zum Takt der Inszenierung. Den Gipfel des Identitätswechsels erklimmt Rosalind, eine Frau, die einen Mann spielt, der im Liebesgeplänkel mit Orlando eine Frau spielt. Claudia Renner wechselt vom kleinen Roten ins Männerbrust-Korsett mit Pimmelbehang, paradiesisch entkleidet (und doch verkleidet) im Kunstparadies zu Arden, wo Christoph Gawenda als Orlando sich nur ein Feigenblatt vors Gemächt hängt. Der nackte Schein trügt, aber er wirkt wie Adam und Adam beim Plausch übers Eva-Prinzip. Die exzellenten Schauspieler zeigen das, als belausche man zwei Hippie-Kumpels in der Tonlage „Lass‘ uns mal ganz offen reden...“ - Esslinger Zeitung - *** „Sitzen zwei auf dem Boden. Der eine, nackt, kauert mehr. Die andere, ebenfalls nackt, liegt, mehr als sie sitzt, in überlegener Haltung. Bauch rein, Beine gespreizt. Wer mit so einem mächtigen Kautschukpenis bestückt ist, zeigt ihn halt gern der ganzen Welt. Und so tut sie es, die Rosalind. Rotes Minikleid ausgezogen, Plastikmännerbody und Gemächt um den Leib geschnallt, und schon beherrscht sie das Gehabe des potenten Vorstadtmackers namens Ganymed. Wozu das alles? Aus einer Laune. Frauen! Orlando liebt Rosalind, Rosalind liebt Orlando. Na also, denkt man sich, es klingt so einfach. Doch Rosalind, die Skeptikerin der Liebe, will prüfen, bevor sie sich ewig bindet. Sie wählt die Maskierung, und als zynischer Ganymed mit falschem Pimmel versucht sie dem unerschütterlichen Orlando die Leidenschaft auszureden. Am Ende scheitert Rosalind: Orlando glüht und liebt und liebt.“ „Dieser Shakespeare riecht nach Schweiß, nach Körpereinsatz, und er hört sich zuweilen an wie eine rasch eingefangene Straßenszene. So viele Chargen. Deshalb schaut man lieber zweien zu, die spielen. Claudia Renner und Christoph Gawenda. Hitzig, aufgebracht, verwirrt, rasend, eckig, hilflos. Renners Rosalind ist eine derb röhrende, laute Frau, die von der Liebe eiskalt erwischt wird, sich tapfer wehrt, indem sie sich als Mann verkleidet, rauft, sich heimlich an Orlandos Penisneid weidet, doch gegen das Begehren des Jungen nicht ankommt. Ein langer Blick, ein zartes Hey, man sieht sich, ein Lächeln. So anrührend kann gespielte Liebe auch aussehen, wenn solche Feuerköpfe aufeinanderstoßen.“ - Nicole Golombek, Stuttgarter Nachrichten - *** „tragikomisch und böse bis zur Schmerzgrenze“ „Orlando trägt nichts. Nur eine Mülltüte um die Hüften. Rosalind hat sich ein männliches Ge-schlechtsteil umgeschnallt. Mann oder Frau - alles nur Spiel?“ „Regisseur Thomas Dannemann treibt Shakespeares Spiel mit dem Spiel vollends in die Groteske. Er stellt gnadenlos aus - hier die Nacktheit und bedrückende Verletzlichkeit der Menschen, dort ihre lächerliche Erbärmlichkeit.“ „Das Hauptthema: Alles ist Spiel, alles ist Performance. Sogar das Geschlecht. Rosalind, bei Claudia Renner ein quirliges androgynes Wesen, trägt als vorgeblicher Ganymed einen umgeschnallten nackten Männerleib zur Schau - so, dass das Publikum das "ganze Paket", wie Heidi Klum sagen würde, ständig im Blick hat.“ „Die Inszenierung trifft viele empfindliche Punkte zwischen Tragik und Irrwitz.“ - Otto Paul Burkhardt, Südwestpresse - *** "Viel Beifall auch für Claudia Renner (Rosalind) und Christoph Gawenda (Orlando), die beide, unabgelenkt vom allzu derben Klamauk, im Ardenner Wald ihr Ding machten - zuletzt Liebe, so steht's bei Shakespeare." - Siegmund Kopitzki, Südkurier - *** „In der Hauptsache beschäftigt Thomas Dannemann das Ensemble mit Schreien, Schlagen, Spucken, Ausziehen, Anziehen, Kämpfen, zu unterschiedlichen Zwecken einander Überwältigen, Draufsteigen, Runterfallen, (Pseudo-)Pinkeln, Schubsen, in die Mangel nehmen, Ausziehen, An-ziehen, Draufsteigen, Runterfallen, Schreien, Schlagen und Die-Lebenszeit-des Publikums-Stehlen. Auch Tomaten und Mandarinen kommen zum Einsatz. Hernach: Laufen, Ausrutschen, Aufstehen. Oder Rosalind winkt mal mit dem Gummidödel. Ab und zu: kurze Momente, in denen tatsächlich gespielt wird. Leutgeb. Renner. Gawenda. Plötzlich wird einen Moment lang spürbar, was mit diesem Ensemble möglich wäre, wenn hier wirklich gutes Theater gespielt würde. Wird es aber nicht. ;) - Tim Schleider, Stuttgarter Zeitung - |